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Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

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Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Dennis Furmanek, 20.07.15, 02:09

Hallo,

in Papageienplatys Signatur ist folgende Äußerung zu lesen:

Es gibt keine artgerechte Tierhaltung. Entweder artgerecht ODER Haltung.



Da frage ich mich doch, wie das Prädikat artgerecht denn abstrakt und allgemeingültig definiert wird, dass man zu solch einer Ansicht kommt. Meiner Ansicht nach ist das lediglich ein falsches Dilemma oder aber eine fehlerhafte Folgerung aufgrund einer irrigen Definition des Begriffs "artgerecht". Beispielsweise im Sinne einer exakten Kopie der natürlichen Lebensraums - was dann allerdings unter anderem durch die Neobiotaproblematik ad absurdum geführt wird.

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Zuletzt geändert von Dennis Furmanek (20.07.15, 02:13)

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Wasserfisch, 20.07.15, 06:52

Hi Dennis,

meines Erachtens ist eines der großen Probleme beim Durchdenken vieler Themen, dass der Mensch die ihm auferlegten Beschränkungen nur schwer bis gar nicht erkennen kann.
Der Mensch ist innerhalb seiner Schranken überzeugt davon, die Wahrheit zu erkennen.
Tatsächlich können wir maximal das Verstehen, wozu unser Gehirn in der Lage ist. Das darüberhinausgehende zu erkennen ist kaum möglich.

Die Ameise weiß von vielen Dingen nichts, wovon der Hund etwas weiß.
Der Hund weiß von vielen Dingen nichts, wovon der Mensch etwas weiß.
Und der Mensch bildet sich ein, alles erkennen zu können, was natürlich nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit stimmt.

Daraus folgt für mich, dass Papageienplatis Signatur Sinn macht: das einzige garantiert Artgerechte ist, die Tiere gar nicht zu halten. Weil wir eben nicht in der Lage sind, Artgerechtigkeit zu definieren.

Dann denke ich andererseits: was macht es der Schnecke aus, ob sie im Becken lebt oder im See?
Meine Antwort: ich glaube, es macht ihr nichts aus. Aber ich weiß es nicht.

EDIT: danke für den Link. Sehr interessante Seite!
EDIT2: ups, da war ja gar kein Link! Ich hatte selber gegoogelt zu dem Thema, lol

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Gruß, Rich


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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Johannes.Busch, 20.07.15, 10:53

Dennis Furmanek schrieb am 20.07.15, 02:09:
Hall

Da frage ich mich doch, wie das Prädikat artgerecht denn abstrakt und allgemeingültig definiert wird, dass man zu solch einer Ansicht kommt. Meiner Ansicht nach ist das lediglich ein falsches Dilemma oder aber eine fehlerhafte Folgerung aufgrund einer irrigen Definition des Begriffs "artgerecht". Beispielsweise im Sinne einer exakten Kopie der natürlichen Lebensraums - was dann allerdings unter anderem durch die Neobiotaproblematik ad absurdum geführt wird.



Hallo Denis,

Ich finde es völlig daneben, seltene Fachbegriffe wie "Neobiotaproblematik" ohne jede Erklärung in den Raum zu ballern. Schließlich kommt nicht jede/r auf die Idee oder hat auch nur Lust, solche Sachen einmal nachzulesen. Wer es doch möchte, hier ein Link [link]


Das Wort "artgerecht" wird von den meisten Menschen keineswegs, wie du vermutest, mit einer "exakten Kopie der natürlichen Lebensraums" gleichgesetzt, sondern vielmehr als ein normativer Anspruch benutzt, eben die "natürlichen" Bedingungen soweit als möglich und zumutungswürdig nachzustellen.

Dieser Anspruch ist zunächst begrüssenswert, wenngleich man darüber im Detail nachhaltig streiten kann. Ein höchstinteressanter Punkt ist z.B. die Frage, ob jedweder Fundort in "freier Wildbahn" automatisch auch als "natürlich" im Sinne von ursprünglich gelten kann oder inwieweit Spuren menschlicher Akivitäten quasi herauszurechnen sind.

Als Signatur eines AQ-Betreibers dagegen empfinde ich den Ausgangspunkt dieses Thread als entweder unbedacht oder als höchstironische Selbstverarschung.

Gruß
Johannes

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Dennis Furmanek, 20.07.15, 12:04

Hallo,

artgerechte Tierhaltung ist ein Anliegen des Tierschutzes.
Wenn man sich die Maximen des Tierschutzes betrachtet - den Schutz des Individuums vor Schaden und die Erfüllung seiner Bedürfnisse -, dann tun sich arge Widersprüche in der Ansicht auf, dass nur die Natur artgerecht oder eine artgerechte Tierhaltung nicht möglich sei.

Wenn nur die Natur artgerecht ist, dann schließt dies auch Dinge ein, welche zur Maxime des Tierschutzes diametral ist. Unter anderem Fressfeinde, Krankheiten, Konkurrenz, Nahrungsmangel.

Beim Tierschutz und damit bei der artgerechtne Tierhaltung geht es darum, die Bedürfnisse des Individuellen Tiers als Angehöriger seiner Art zu erfüllen und es gleichsam vor Schaden zu bewahren. Andererseits soll aber nur eine Umgebung artgerecht sein, welche eben die Maximen von Bedürfniserfüllung und Schadensvermeidung nicht erfüllt.

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Johannes.Busch, 20.07.15, 12:30

Dennis Furmanek schrieb am 20.07.15, 12:04:
Hallo,

artgerechte Tierhaltung ist ein Anliegen des Tierschutzes.
Wenn man sich die Maximen des Tierschutzes betrachtet - den Schutz des Individuums vor Schaden und die Erfüllung seiner Bedürfnisse -, dann tun sich arge Widersprüche in der Ansicht auf, dass nur die Natur artgerecht oder eine artgerechte Tierhaltung nicht möglich sei.

Wenn nur die Natur artgerecht ist, dann schließt dies auch Dinge ein, welche zur Maxime des Tierschutzes diametral ist. Unter anderem Fressfeinde, Krankheiten, Konkurrenz, Nahrungsmangel.

Beim Tierschutz und damit bei der artgerechtne Tierhaltung geht es darum, die Bedürfnisse des Individuellen Tiers als Angehöriger seiner Art zu erfüllen und es gleichsam vor Schaden zu bewahren. Andererseits soll aber nur eine Umgebung artgerecht sein, welche eben die Maximen von Bedürfniserfüllung und Schadensvermeidung nicht erfüllt.



Hallo Denis,

schon klar. Diesen Widerspruch sehe ich auch (und schon seit langem). Aber warum beginnst du eine solche Debatte hier in diesem Forum? Hast du dafür einen speziellen Grund oder ist das Forum für dich nur Projektionsfläche für eine Problemdebatte letztlich metafachlicher Art?

Selbstverständlich gibt es in den diversen Rechtfertigungsversuchen für das Einsperren von submers lebenden Wesen in Glaskästen zwecks menschlichem Zeitvertreib haufenweise Widersprüche. Wenn z.B. ernsthaft jemand schreibt, das private Halten einer bedrohten Art sei geradezu heldenhafter Kampf für Erhaltung der Biodiversität und zugleich alle natürlichen Stabilisierungsmechanismen (survival of the fittest, natural selection) durch Gefährdunsgausschluß ausgeschaltet.

Über Deratiges könnte man stundenlang engagiert debattieren. Bezweifeln möchte ich aber, daß dieses Forum für solche Debatte ein geeigneter Ort ist. Würde eher in ein Fachseminar passen (etwa "Widersprüche des Alltagsverstandes in der Bewältigung seiner Triebhaftigkeit am Beispiel..." - Fachseminar für empirisch-kritische Soziologie :heul: )

Gruß
Johannes


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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Dennis Furmanek, 20.07.15, 12:41

Hallo,


das private Halten einer bedrohten Art sei geradezu heldenhafter Kampf für Erhaltung der Biodiversität und zugleich alle natürlichen Stabilisierungsmechanismen (survival of the fittest, natural selection) durch Gefährdunsgausschluß ausgeschaltet.



Da muss ich mir nur meine Gillbach-Guppies anschauen. Sie stammen von deutlich domestitzierten Hochzuchtguppies ab, die sich innerhalb weniger Generationen im Phänotyp zum Wildguppy gewandelt haben.

Stabilisierungs- und Selektionsmechanismen gibt es auch in einem künstlichen, vom Menschen geschaffenen Lebensraum. Es sind lediglich andere, als in der natürlichen Umgebung. Dadurch kommt es auch zu anderen Ergebnissen.

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Johannes.Busch, 20.07.15, 16:08

Dennis Furmanek schrieb am 20.07.15, 12:41:
Hall

Da muss ich mir nur meine Gillbach-Guppies anschauen. Sie stammen von deutlich domestitzierten Hochzuchtguppies ab, die sich innerhalb weniger Generationen im Phänotyp zum Wildguppy gewandelt haben.

Stabilisierungs- und Selektionsmechanismen gibt es auch in einem künstlichen, vom Menschen geschaffenen Lebensraum. Es sind lediglich andere, als in der natürlichen Umgebung. Dadurch kommt es auch zu anderen Ergebnissen.



Hallo Dennis,

diesen Beitrag lasse ich (zumindest zunächst einmal) unkommentiert, weil er die Frage nicht beantwortet.

Die Frage war, warum du dieses Thema nach 2008 zum zweiten Mal hier und an dieser Stelle aufwirfst.

Gruß
Johannes

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von fischbock, 20.07.15, 18:24

Interessantes Thema, bei dem man aber wohl mehr differenzieren muss, als es das Platy-Zitat tut.

Gehört zb. zum artgerechten Leben eines Hundes im Endeffekt der Mensch nicht mittlerweile dazu, weil er inzwischen so stark sozialisiert/domestiziert ist?

Kann man auf der anderen Seite überhaupt Tiere im Ansatz artgerecht halten, die in der Natur ein Jagdgebiet von mehreren Quadratkilometer beanspruchen, oder wie unsere Fische in der Natur in wesentlich geringerer Dichte vorkommen?
?

Und was darf eigentlich genau unter artgerecht verstanden werden?

Soll es so naturnah wie möglich sein, oder geht es mehr darum, die Ansprüche des Tieres möglichst komplett abzudecken?

Wer def. dann die Ansprüche des Tiers?

Ich frage mich zb. jedes Mal wenn ich im Zoo an einem Raubkatzengehege vorbei komme, welches Tier letztendlich das bessere Leben führen mag?

Lacht sich der Leopard im Zoo heimlich in die Tatze, dass er sich die Pfoten nicht wund laufen muss um satt zu werden, oder würde er für ein Leben in Freiheit liebend gerne auf seine Vollversorgung inkl. medizinischer Betreuung verzichten, wenn er denn wählen könnte.


Ich kann das alles nicht beurteilen, bin aber der festen Überzeugung, dass in 99% der Tierhaltung Egoismus die primäre Triebfeder ist, und Aussagen wie "Liebe zum Tier" oder "artgerechte Haltung" nur als Alibi zur Rechtfertigung genutzt werden.


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Gruß,

Dirk.

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von 4sindgenug, 20.07.15, 18:54

Hallo Leutz,

da muss ich Dirk in einiger Beziehung Recht geben.
Gerade auch zum Beispiel der Ansatz ob der Mensch zum artgerechten Leben eines Hundes gehört.
Da sage ich nämlich ganz klar ja, und das deshalb, weil es ohne den Mensch den Hund gar nicht geben würde.
Oder was ist Artgerecht für einen Hochzuchtguppy?
Sicher nicht irgendein Fluss im nördlichen Südamerika, dort gibt es nämlich nur Wildformen.
Und wenn wir schonmal dabei sind....
Was ist artgerecht für einen Menschen?
30m² im Plattenbau-Betonsilo, Reihenhaus in der Vorstadtsiedlung, Bauernhaus auf dem Land, oder doch eher die Höhle in der Wildnis?

Wir können über ein solches Thema hier sicherlich philosophieren, aber wir werden nie "die" Lösung finden.

Was wir hier können, ist eine Diskussion führen, was welchen Fischarten bei der Aquarien-/Teichhaltung aus welchem Grunde zuzumuten ist, und was nicht.
Selbst dabei werden wir uns der Wahrheit, so es sie denn gibt nur grob annähern können.

Beste Grüße
Tom

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Johannes.Busch, 20.07.15, 19:20

Hallo zusammen,

ich sehe so manches ähnlich, wie es Dirk und Tom tun. Vielleicht wäre sinnvoller über einen Ersatz für dieses allzu oft strapazierte Wort "artgerecht" zu sprechen als über die Motive derer, die es inflationär benutzen.

Die meisten Leute hier sind sich ja einig, daß sie "artgerecht" im Sinne von "naturgleich" ablehnen, weil das Ziel entweder unerreichbar oder aber widersprüchlich ist. Allerdings sind auch andere Ausdrücke gegen Mißverständnisse und entsprechende Debatten nicht gewappnet.

Wenn wir von "sachgemäß" reden würden, hätten wir ratzfatz kiloweise Beschwerden von stark emotionsgetriebenen "Tierfreunden", weil man Tiere schließlich nicht als "Sachen" auffassen dürfe. Sprechen wir dagegen von "fachgerecht", was mir durchaus sympathisch wäre, käme garantiert aus irgendeiner Ecke der schrille Verdacht, damit könne gemeint sein, die geliebten Tiere so mies wie der geschaßte Fachhandel zu versorgen.

Kurzum: Wir werden durch einen knappen Begriff nicht den Disput um den einen, richtigen Weg der Behandlung unserer Pfleglinge stoppen können. Allein schon deshalb nicht, weil einige Menschen an solchen Fragen ihre missionarische Ader ausleben möchten. Sei es drum, nerviger als die offen religiösen Sekten sind die auch nicht.

Gruß
Johannes

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von fischbock, 20.07.15, 19:22

Das mit dem Mensch hatte ich mir letztendlich doch gespart. Es macht die Sache nur noch komplizierter, weil man dann auch noch betrachten muss, dass es innerhalb einer Art auch noch individuelle Bedürfnisse geben kann, was zumindest bei manch Tierart auch nicht unüblich ist.

Jetzt haben wir den Salat, danke Tom! ;-)

Aber das mit den Guppies (oder auch Kilis) reicht ja auch schon. In der Natur leben diese auch schon einmal in Pfützen, die mit der Zeit austrocknen.

Muss ich das bei einer artgerechten Haltung auch berücksichtigen, oder ist das, was in der Natur zum Alltag gehört, in der privaten Haltung plötzlich doch Tierquälerei?


Und gehört zur artgerechten evtl. auch die Beschaffung?

Kann ich dann überhaupt einen Wildfang artgerecht halten -insbesondere wenn man die Transportverluste oder Schäden im Fanggebiet berücksichtigt?

Ich denke nicht, und nicht nur deshalb verzichte ich in meinem Hobby liebend gerne auf Begriffe wie artgerecht und Tierliebe.

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Gruß,

Dirk.

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von 4sindgenug, 20.07.15, 21:28

Hey Dirk,

wieder eine Definitionssache....Tierliebe.
Wenn du damit nicht die Liebe zum Tier, sondern die Liebe am Tier meinst, ist das schon einfacher, oder?
Ich weiß ja auch, dass in deinen Augen der einzig richtige Aufbewahrungsort für einen Guppy der Magen eines Raubfisches ist;).
Ansonsten stimmt das schon....die Natur ist oft viel grausamer als der Mensch.
Ich bin der Meinung, dass ein Aquarium ein Lebensraum für seine Bewohner sein sollte, nicht ein Überlebensraum.
Wenn wir uns daran mit Verstand orientieren, ist das schonmal gar nicht so verkehrt.

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Wasserfisch, 21.07.15, 07:30

Hi,

Dennis Furmanek schrieb am 20.07.15, 12:41:
Da muss ich mir nur meine Gillbach-Guppies anschauen. Sie stammen von deutlich domestitzierten Hochzuchtguppies ab, die sich innerhalb weniger Generationen im Phänotyp zum Wildguppy gewandelt haben.


Da geizt Du jetzt aber arg mit Informationen:
Heisst das, Du hast aus Hochzuchtguppies durch passende Haltung Wildguppys erhalten?
Oder wurde das bei jemand anders gemacht und Du hast sie in der Wildform gekauft?
Und: inwiefern kann es korrekt sein, von Wildguppies zu sprechen, die in Menschenhaltung gezüchtet (oder nur gehalten?) wurden?

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Gruß, Rich


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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Johannes.Busch, 21.07.15, 10:52


Moin Tom,

4sindgenug schrieb am 20.07.15, 21:28:
die Natur ist oft viel grausamer als der Mensch.



Peng! Das nächste große Thema, an dem man tagelang debattieren könnte. Dein Satz stellt den Menschen der Natur entgegen. Ich sehe den Menschen als ein Wesen dieses Planeten und somit innerhalb der Natur (auf der einen Seite). Es sei man reflektiert auf den Unterschied zwischen Natur und Kultur (das ist die andere Seite). Dummerweise verlaufen beide Seiten durch den Menschen hindurch, insoweit er den natürlichen Prozessen des Planenten entstammt und verhaftet bleibt sowie auf der anderen Seite einzige Quelle der Kultur ist.

Woher stammt eigentlich dieses Bedürfnis des Menschen, sich mit Tieren zu umgeben? Von seiner Evolutionsgeschichte her war der Mensch gezwungenermaßen stets von Tieren umgeben. Während viele Tiere für den Menschen entweder eine erhebliche Gefahr oder aber Futterkonkurrenten blieben, hat der Mensch es geschafft, sich andere Tiere nützlich zu machen (als Wächter, als Arbeitshilfe, als Nahrungsquelle).

Historisch gesehen ist des ja ein ziemliches Novum, daß Menschen gefangene Tiere zum bloßen Amüsement halten. Wer am Waldrand lebt, braucht keinen Kanarie im Käfig, bloß um mal einen Vogel zu hören. Der Trend zur Tierhaltung zum Zeitvertreib dürfte sich parallel zur Urbanisierung und der Herausbildung von höherem Wohlstand entwickelt haben. Wenn also Menschen in den naturfernen Städten sich Tiere in die Stadt holen, liegt es wohl in der Evolutionsgeschichte des Menschen begründet, daß er die Nähe zu (anderen) Tieren sucht - und damit wäre es natürliche Seite des Menschen, die ihn dazu treibt.

Ich finde das nicht nachhaltig verwerflich, sondern ganz in Ordnung. Es ist ja schon ein Riesenfortschritt, daß man in den zoologischen Gärten Europas keine "Indianer" und keine "Südseewilden" mehr in Käfigen ausstellt. Wenn man sich jetzt sogar Mühe gibt, es auch gefangenen Tieren möglichst erträglich zu machen, darf man das von mir aus nennen, wie man will, solange man dabei erfolgreich ist.

Gruß
Johannes

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von 4sindgenug, 21.07.15, 14:03

Hey Rich,

der Gillbach ist der Kühlwasserabfluss eines Kraftwerks nähe Köln.
Da haben vor mehr als 20 Jahren irgendwelche Spackos Guppys ausgesetzt und die haben aufgrund der Wassertemperatur überlebt und sich vermehrt. Mittlerweile gibts da wohl auch verschiedene Welse und Barsche.
Einfach mal Gillbach googeln, da gibts diverse Info.
Wollte eigentlich auch schonmal da hin und mir das anschauen, ist ja nicht weit, aber das Gebiet ist wohl mittlerweile geschützt.

@ Dennis...
du sprichts von deinen Gillbach Guppys...
hast du dir da welche geholt?

Gruß
Tom

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von 4sindgenug, 21.07.15, 14:10

Hallo Johannes,

es ist wie so oft wohl eine Frage der richtigen Formulierung um keine Missverständnisse hervorzurufen.
Richtigerweise hätte ich wohl schreiben müssen, dass der Mensch im Umgang mit Lebewesen wohl nicht der grausamste Teil der Natur ist.
Womit ich dir dann auch beipflichte, dass der Mensch sehr wohl ein Teil des Ganzen ist.

Tom

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Mopani, 24.07.15, 10:36

Hallo!

Ich finde dieses Thema durchaus relevant, weil ich (wie dem Leser mancher Beiträge meinerseits aufgefallen sein dürfte) die "artgerechte" Haltung als sehr wichtiges Grundprinzip jeder Tierhaltung empfinde.

Ich glaube, die Frage hat letztlich viel mit unserem Menschenbild selbst zu tun: inwiefern kann sich der Mensch in eine andere Kreatur einfühlen? Was passiert, wenn man die Tierhaltung ökonomisiert und damit im Endeffekt industrialisiert?
Außerdem: haben wir die Möglichkeiten, die Bedürfnisse von Lebewesen zu erkennen und zu erfüllen?

Wenn man diese Fragen beantwortet mit 1. "Nein", 2. "Tiere werden zur Ware degradiert und leiden." und 3. "Nein.", kann man zu dem Schluss kommen, dass Artgerechtigkeit infolge der menschlichen Unzulänglichkeit in menschlicher Haltung nicht oder nahezu nicht möglich sei.
Wenn man moralisch denkt, hat dieser Gedanke womöglich die Aufgabe der Aquaristik zur Folge.

Und warum ist das oftmals nicht unbedingt glücklicher wirkende Tierleben in freier Wildbahn so viel besser?
Muss es nicht sein. Aber dabei ist wenigstens keine sich allmächtig dünkende Kreatur an der Macht, die ihre Befugnisse zum Eingriff in Ökosysteme vielleicht überschätzt.

Ich finde es aber auch vertretbar zu sagen "Der Mensch vermag nicht alles, aber doch zumindest die Grundbedürfnisse zu erfassen.". Das ist aber eine angreifbare These, denn was wäre die Begründung dafür?

Immerhin ist das der Mittelweg zwischen den Extremen "Leben in Menschenhand ist Tierleid", was in meinen Augen eher der Regelfall ist, und "Die Tiere lieben es beim Menschen, da geht es ihnen so gut.", was ich so gar nicht glauben kann, wenn ich von Selbstmorden in Delfinarien höre, verfettete Möpse mit Krüppelnasen sehe, an der Wursttheke mit den Sonderangeboten (Pute für XX Cent) vorbeigehe, Threads lese wie "Hilfe, die Fische meines Nachbarn sterben reihenweise", in Zooläden die Tierleichen zähle, Hummer lebend in kochendes Wasser geworfen werden (der zappelt noch!), Militärübungen an lebenden Schweinen durchgeführt werden, Labortiere mit allen möglichen Krankheiten infiziert werden (mit zweifelhafter Nützlichkeit für die Wissenschaft) und und und. Sorry, hab mich kurz gehen lassen. :D

Die Natur ist nicht grausam, weil sie die Natur ist.
Der Mensch ist grausam durch Unbedachtheit und Überschätzung.

Jedenfalls muss es ja nicht immer so sein. Grauzonen gibt es viele (hier einen Shades of Grey Witz eurer Wahl einfügen). Was vor allem daran liegt, dass der Fisch etwa ja im Regelfall nicht weiß, wie es sein könnte, und es daher ebenso wenig vermissen kann wie der Mensch vermisst, was er nicht kennt. Bei Wildfängen sieht die Sache da schon anders aus.

Viele klassische Denker haben den menschlichen Verstand gepriesen, solcherlei Dilemmata beizulegen. Ich selbst bin mir nicht sicher, wie stark gesunder Menschenverstand wirklich ausgeprägt ist. Aber wenn er es ist, könnte man sich im Einzelfall danach richten.

Nur dass halt leider statt

"Nach reiflicher Überlegung und guter Vorbereitung unter Berücksichtigung moralischer Aspekte und der Frage der Artgerechtigkeit habe ich mich dazu entschieden, Tiere zu halten. Selbstverständlich bin ich mir der damit einhergehenden Verantwortung bewusst."

meistens "Aquarianer" etwas sagen wie

"Ich will Fische... Wieso sterben die denn jetzt?"

Das wirft - zu Unrecht? - ein schlechtes Licht auf die Aquaristik/Tierhaltung per se.

Für mich ist das Statement eindeutig Selbstironie. Eine Diagnose, inkonsequentes Weiterführen der selbst als moralisch fragwürdig erkannten Handlung.

Aber kann man jemandem vorwerfen, noch auf dem Weg der Erkenntnis zu sein und sich daher noch intellektuell mit dem Thema zu beschäftigen und auch in anderen das Bewusstsein der Problematik erschaffen zu wollen?

vg


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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von aktivhaut, 24.07.15, 14:05

Hallo,
ich halte jetzt Kanarienvögel,einen Hahn, habe ich nach dem Tod meiner Mutter übernommen,da Einzelhaltung für den Vogel nicht ok ist habe ich eine Henne dazugekauft.
Die Tiere leben jetzt in einer Voliere ganzjährig draußen,aber natürlich würden Sie sich in der Natur auf "diesem"Platz nur sehr kurzfristig aufhalten.
Übertragen auf die Aquaristik sind die Aquarien im Vergleich zur Natur immer zu klein von der Fläche,
aber mit viel Technik usw. gibt es sicher einige tragbare Lösungen.
Die Diskussion über die Fischmenge zur Beckengröße haben wir hier aber ja auch schon sehr oft diskutiert.
Es gibt aber ja auch Fische, die in ihrer heimat vom "Aussterben" bedroht sind, da ist ein Züchten im Aquarium zu
Haus vielleicht doch auch eine Lösung für den Fortbestand der Art.
Viele Grüße
Von henning


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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Johannes.Busch, 24.07.15, 14:25


Hallo Henning,

aktivhaut schrieb am 24.07.15, 14:05:
Es gibt aber ja auch Fische, die in ihrer heimat vom \"Aussterben\" bedroht sind, da ist ein Züchten im Aquarium zu
Haus vielleicht doch auch eine Lösung für den Fortbestand der Art.



schon klar. Und dann reist du auf eigene Kosten mit einem spezialisierten Transportunternehmen an die Orte des natürlichen Vorkommens und wilderst dort deine Nachzuchten professionell aus. So viel überschüssiges Geld hätte ich auch gern einmal...

:bored:
Johannes

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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Vladimo, 24.07.15, 22:39

Hi

Ich denke, dass viele Wildtiere sich freuen würden, wenn sie einfach immer Futter und nen trockenen Schlafplatz mit etwas Bewegungsfreiheit hätten denn so schön sind die Wintermonate, Parasiten oder Raubtiere vermutlich auch nicht. Es gibt riesige Defizite aber was ist bei den Menschen? Dort gibt es auch riesige Defizite. Da muss am ganzen System was anders laufen.


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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Aqua-Girl, 12.02.16, 09:41

Ich denke, es kommt auch immer ein bisschen darauf an, welches Tier man gerade hält. Wenn man ein großes Hau mit großem Garten hat und viel Zeit mitbringt, hat man schon mal ganz gute Chancen, einem Hund ein schönes Leben zu bereiten. Das liegt aber auch daran, weil ein Hund domestiziert und an den Menschen gewöhnt ist. Bei Wildtieren sieht es da schon ganz anders aus. Egal, wie groß so ein Gehege im Zoo auch sein mag, es wird natürlich niemals mit der freien Wildbahn mithalten können. Dafür fehlen einfach die Möglichkeiten. Dennoch gibt man sich inzwischen auch in den Zoos immer mehr Mühe, den Tieren annähernd artgerechte Bedingungen zu bieten.


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Re: Es gibt keine artgerechte Tierhaltung?!

 Gepostet von Mopani, 12.02.16, 16:38

Hallo!

Ich finde es immer sehr lobenswert, wenn man sich Mühe gibt, ein Tier artgerecht zu halten.

Allerdings sind es, sieht man mal vom liebevollen Privathalter ab, weitgehend Profitinteressen, die das Wohl und Wehe eines Tieres bestimmen: die Frage, ob man Tiere überhaupt artgerecht halten kann, wird leider nur allzu leicht von der Frage überschattet, inwiefern man denn auch die Tiere im eigenen Interesse nutzen kann und ob Artgerechtigkeit dafür relevant ist. Im Falle von Tiergärten ist das noch relativ glimpflich: gesunde Tiere wirken interessanter und ziehen so mehr Besucher an, ergo besteht ein Interesse, sie gut zu halten.
Bei der Fleisch- oder Milchproduktion sieht das anders aus.
Wenn also die Mehrheit der Tiere in etwa einem solchen Bereich nicht artgerecht gehalten WIRD, inwiefern ist es dann noch relevant, ob man das theoretisch KÖNNTE?

vg


Zuletzt geändert von Mopani (12.02.16, 16:39)

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