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Plagegeister: Schnecken
Posthornschnecken-Gelege an der Aquarienscheibe
Jeder Aquarianer hat diese Situation sicherlich schon einmal erlebt: Man guckt nichts ahnend
in seine neueste Errungenschaft und muss mit Erschrecken feststellen, dass sich zig Schnecken
quasi über Nacht vermehrt haben. Aber das ist kein Grund zur Panik: Im nachfolgenden Beitrag
soll gezeigt werden, wie man die Schnecken schnell ohne große Probleme "beseitigen" kann und
dass sie im Aquarium keinesfalls ungeliebte Plagegeister darstellen, sondern nützliche Helfer
sind.
Süßwasserschnecken kommen in (fast) jedem Aquarium vor. Am häufigsten fängt man sich Schnecken
mit dem Kauf neuer Aquarienpflanzen ein. Hier sitzt meist der Schneckenlaich, der kaum
sichtbar ist, zwischen den Blättern oder Wurzeln. Aber auch mit dem Kauf neuer
Aquarienbewohner durch evtl. im Wasser freischwimmenden Laich oder aber - dies jedoch eher
seltener - durch Lebendfutter.
Leider wissen die meisten Aquarianer-Neulinge überhaupt nicht, welche Schnecken sie sich
"eingefangen" haben, weshalb ich im Folgenden erstmal auf die am häufigsten im Aquarium vorkommenden
Schnecken eingehen möchte.
Spitze Blasenschnecke
Physella acuta, [Beschreibung auf aqua4you]
Einheimisch: Quellblasenschnecke (Physa fontinalis)
Blasenschnecke.
Die Spitze Blasenschnecke hat ein sehr dünnwandiges, ovales, glattes, glänzendes, durchscheinendes,
hell-hornfarbiges - meist mit kleinen Punkten/Blasen bestücktes - Gehäuse und werden
zwischen 5 bis 11mm lang. Sie sind zwittrig veranlagt und können sich selbst befruchten;
allerdings befruchten sie sich meist gegenseitig. Sie fressen vor allem Algen, Pflanzen-
und Futterreste aber auch Aas und Salat. Aufgrund ihrer weichen Zähne ist es ihnen nicht
möglich, intakte Pflanzen anzufressen.
Tellerschnecke / Flaches Posthörnchen
Gyraulus sp.
Tellerschnecke / Flaches Posthörnchen.
Die Tellerschnecke, oder auch Flaches Posthörnchen genannt, hat - wie der Name schon sagt - ein flaches, glänzendes, durchscheinendes
Gehäuse, was meist nicht wie bei den Posthornschnecken aufrecht zum Körper steht, sondern
eher aufliegt, also so, als ob die Schnecke umgekippt wäre; daher wohl auch der Name
Tellerschnecke. Sie wird max. ca. 4 mm groß. Gyraulus sind zwittrig veranlagt, d. h.,
sie sind getrennt geschlechtlich und können sich nach Aufnahme von fremden Samen selbst
befruchten. Sie fressen hauptsächlich Algen und abgestorbene Pflanzeteile.
Posthornschnecke
Planorbella duryi, Planorbella sp., Planorbarius corneus
[Beschreibung auf aqua4you]
Zwei Posthornschnecken.
Welche Art von Posthornschnecken (PHS) man nun im Aquarium hält, ist etwas schwieriger herauszufinden, das die Arten
mittlerweile stark gekreuzt sind. Grundsätzlich ist es so, dass Planorbella duryi
(kommt aus Nordamerika und wurde verschleppt) nur bis 2,5 cm und die
Planorbarius corneus (unsere einheimische PHS) bis zu 4,5 cm groß werden kann.
Allerdings kann man schon allein wegen der Größe davon ausgehen, dass man die
Planorbella duryi im Aquarium hält. Das Gehäuse der Posthornschnecke hat ca.
4,5 Windungen. Die Posthornschnecken gibt es in ganz verschiedenen Farbgebungen:
von braun über rot, blau, weiß, grün bis hin zu rosa.
Turmdeckelschnecke
Melanoides tuberculatus, [Beschreibung auf aqua4you]
Turmdeckelschnecke.
Turmdeckelschnecken (TDS) haben ein meist sandbeige bis (dunkel-)braun gefärbtes nach hinten
windendes immer enger werdendes Häuschen. Sie besitzen einen Gehäuseeingangsdeckel, den
sogenannten Operculum (mehr Info). Wenn TDS sich bedroht
fühlen oder sich zur Ruhe legen möchten, ziehen sie sich in ihr Gehäuse zurück und schließen
dieses mit dem schützenden Deckel. So sind sie relativ gut vor Fressfeinden geschützt.
TDS sind getrenntgeschlechtlich angelegt, vermehren sich allerdings fast ausschließlich
parthenogenetisch. Das heißt, die Weibchen vermehren sich ohne Befruchtung, weshalb ihre
Nachkommen genetisch identisch mit dem Muttertier sind (Klonen). TDS fressen abgestorbene
Pflanzenteile, Futterreste (auch Aas und Mulm), die sie meist im Bodengrund suchen.
Empfehlenswerte Bekämpfungs- bzw. Eindämmungsmaßnahmen
Die häufigste Ursache, warum sich Schnecken radikal vermehren ist eine zu starke Fütterung.
Aufgrund der starken Fütterung haben Schnecken ungebremst die Möglichkeit, zu futtern und
sich zu vermehren. Es reicht völlig aus, einmal am Tag soviel zu füttern, dass es von den
Aquarienbewohnern in wenigen Minuten aufgefressen wird. Außerdem kann man ohne Bedenken
auch ein- oder zweimal in der Woche eine Futterpause einlegen; das schadet den
übrigen Bewohner nicht (solange man keine Jungtiere hält, die mehrmals täglich was zu
fressen benötigen). So hält sich das Futterangebot für die Schnecken in Grenzen und es
können nicht mehr alle Schnecken im AQ überleben.
Um die Schneckenanzahl sofort zu reduzieren, kann man zum einen erst einmal mit den
(sauberen!) Händen einzelne Schnecken heraussammeln. Diese Methode wird auf Dauer
allerdings sehr mühsam.
Beispiel einer lohnenden "Gemüsefalle".
Die bequemste Möglichkeit ist - am besten über Nacht -
ein Stück Gemüse (z. B. Gurke) oder ein Salatblatt in das Aquarium zu legen. In
der Zeit versammeln sich genügend Schnecken auf dem Futterplatz, so dass man sie am
nächsten Morgen bequem samt Gemüsestück/Salatblatt aus dem Wasser entfernen kann. Ich habe
immer das Gemüsestück/Salatblatt mit einem Stück Schaschlikspieß durchgestochen und dann
ganz vorsichtig (! damit man nicht am Glasboden langschabt) unterhalb eines
Einrichtungsgegenstandes in den Kies gesteckt. Man kann jedoch auch einen Teelöffel durchstecken und einfach in das Aquarium reinlegen. Optisch m. E. nicht so der Renner - aber es geht sehr gut und ist einfacher.
Raub-TDS.
Die einzige tierische Methode um Schnecken im Aquarium einzudämmen, ist wiederum eine Schnecke: Die Raub-Turmdeckelschnecke (Anentome helena).
Raub-TDS fressen nicht nur ausschließlich Schnecken (insbesondere steht auf dem Speiseplan
Blasen- und Posthornschnecken), sondern fressen auch Futterreste, Futtertabletten,
Frostfutter etc. Sie können mit übrigen Süßwasserschnecken (wie z. B. Apfel- oder
Rennschnecke) gefahrlos vergesellschaftet werden. Raub-TDS fressen lediglich Schnecken,
die in etwa ihrer eigenen Körpergröße entsprechen. Mehr Informationen zur
Raub-TDS sind in der Fischdatenbank zu finden.
Ungeeignete Bekämpfungsmaßnahmen
Achtung: Von den nachfolgenden Methoden zu Bekämpfung von Schnecken
sollte unbedingt Abstand genommen werden!
Von chemischen Schneckenbekämpfungsmitteln sollte man unbedingt absehen! Häufig
werden durch diese Bekämpfungsmittel die sehr wichtigen Bakterienkulturen im Filter und
Bodengrund angegriffen. Außerdem sind die meisten Bekämpfungsmittel kupferhaltig, was bei
empfindlichen Aquarienbewohnern (wie Garnelen) aber auch Aquarienpflanzen zu Krankheiten
und/oder zum Tod bzw. Eingehen führen kann. Im Übrigen werden bei den
Schneckenbekämpfungsmitteln häufig nur die Schnecken selbst getötet, nicht aber der Laich,
so dass man schnell wieder Schnecken im Aquarium hat, die erneut bekämpft werden müssten.
Auch vom Einsatz schneckenfressender Aquarienfische (z.B. Kugelfisch und
Prachtschmerle), die nur dazu dienen, die Schnecken zu "vernichten", wird dringend
abgeraten. Zum einen haben sie bestimmte Haltungsansprüche, die man auf jedenfall einhalten
sollte (etwa Gruppenhaltung, Aquarien ab 400 Liter aufwärts etc.) oder benötigen - wie
der Kugelfisch - auch in Zukunft Schnecken, da sie durch das knacken der Schneckenhäuser
ihre Zähne abwetzen. Würden sie keine Schnecken mehr zu fressen bekommen, würden ihre
Zähne immer weiterwachsen und so das Maul zuwachsen, was zum verhungern führen würde. Man
sollte überhaupt keine Fische anschaffen, die nur gehalten werden, um die Schnecken zu
bekämpfen; was wird aus ihnen, wenn sie mit ihrer "Arbeit" fertig sind?
Schneckenfallen sind zwar sehr wirksam, allerdings nur, wenn man keine Fische im
Aquarium hält, die sich dort hinein verirren können (z. B. Corydoras). Diese versuchen
an das Futter zu kommen und quetschen sich daher in die Schneckenfalle hinein und kommen
dort nicht mehr raus. Bei Corydoras z. B., die regelmäßig zum Luft an die Wasseroberfläche
müssen, ist dies der sichere Tod. Schneckenfallen also wirklich nur dann einsetzen, wenn
keine Gefahr für andere Fische besteht.
Allgemeines zu Schnecken im Aquarium
Auch wenn man anfänglich nur ein paar Schnecken hatte, ist in einem neu eingerichteten
Aquarium eine anfängliche "Schneckenplage" völlig normal! In einem Aquarium, das gerade die
Einlaufphase durchläuft, gibt es ein Mehr an Nahrung in Form von sich bildenden
Baktrienkulturen an Einrichtungsgegenständen, Kies etc.; abgestorbene Pflanzenblätter,
Algen etc. Dies stellt für die Schnecken ein unglaublich großes Futterangebot dar. Somit
gibt es für jede einzelne geschlüpfte Schnecke genügend Möglichkeiten zum Fressen.
Da es in einem einlaufenden Aquarium noch keine "Fressfeinde" gibt und wegen des großen
Futterangebotes, können sich die Schnecken ungebremst vermehren, was zu einem
Massenvorkommen führt. Erst wenn die Einlaufphase beendet ist und sich ein relativ
stablies Gleichgewicht hergestellt hat, verringert sich das Nahrungsangebot und es können
nicht mehr alle Schnecken eines Geleges überleben.
Turmdeckelschnecken gelten auch als "Regenwurm des Aquariums".
Schnecken sind keineswegs Plagegeister, die sich einfach nur vermehren und die Pflanzen
kaputtfressen. Schnecken sind vielmehr die "Gesundheitspolizei" im Aquarium. Sie fressen
übrig gebliebenes Futter, abgestorbene Pflanzenteile und Algen, aber auch Aas und Mulm
und halten somit das Aquarium "sauber".
Die Turmdeckelschnecke gilt z. B. als "Regenwurm des Aquariums". Sie durchgräbt den Boden
auf der Suche nach Futter und lockert hierbei den Bodengrund auf und vermischt so die
verschiedenen Schichten. Hierdurch kommt es nicht zu Verärtungen und Ablagerungen. Auf
diese Weise wird der Boden mit Sauerstoff und die Wurzel der Pflanzen mit Nährstoffen
versorgt. Sobald die TDS aus dem Bodengrund rauskommen und in Massen die Aquariumscheibe
hinaufklettern, ist etwas im Bodengrund nicht in Ordnung (etwa Sauerstoff zu gering).
Blasen-, Posthorn- und Tellerschnecken kriechen Tag und Nacht durchs Aquarium auf der
Suche nach Algen, abgestorbenen Pflanzenteilen etc. Zur Verringerung der Algen (etwa an der
Scheibe) eignen sich am besten Blasenschnecken - sie haben sich als die besten
"Algenvernichter" überhaupt entpuppt.
Oft hegt man die Angst, dass die Schnecken intakte Pflanzen anfressen. Bei Blasen- und
Tellerschnecken ist dies ausgeschlossen, da sie viel zu weiche Zähne haben, um intakte
Pflanzen zu fressen. Posthornschnecken scheinen was das Pflanzenanfressen angeht dagegen
doch gefährlicher zu sein. Ich hatte nie Fraßstellen in meinen Aquarium entdecken können,
bis ich mir den Wassernabel gekauft habe. Hier habe ich erstmals beobachtet, wie
Posthornschnecken die Blätter des Wassernabels angefressen haben (aber wirklich nur
gering; der Wassernabel war danach nicht weg). Allerdings habe ich dies bislang nur an dieser
Pflanze beobachten können, nicht aber bei intakten Pflanzen wie z. B. Vallisneria,
Cryptocorynen und Echinodorus. An einer in meinem Becken verfaulende Vallisneria haben
einige PHS richtig Gefallen gefunden, weshalb nach meinem Dafürhalten PHS nur
Pflanzen mit dünner Blattstruktur und absterbende Pflanzen/Pflanzenteile anfressen.
Zum Anfressen intakter Pflanzen kommt es m. E., wenn die PHS nicht genügend Futter im
Aquarium finden, woraufhin sie sich - damit sie überleben - an die Pflanzen vergreifen.
Fazit
Schnecken sind keinesfalls ungeliebte Plagegeister. Sie sind - wie im Vorgeschriebenen
dargelegt wurde - nützliche Helfer für deren Existenz - wenn auch ungewollt - man durchaus
dankbar sein sollte!
Ein Text von knutschi83
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03.12.24 | 01:10 Uhr
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